Mahnung und Menetekel am Internationalen Frauentag 2022

Was Frauen stärkt, stärkt die Demokratie und die Verteidigungskraft der Menschen. Eine frauenpolitische Anregung für den „Neuen politischen Realismus“.

Wie sehr die Entscheidung eines einzelnen die Welt verändern kann, sehen wir nicht zum ersten Mal. Heute wird „das Böse“ an der Person Putin fest gemacht; er hat viele Vorläufer und auch einige Zeitgenossen.

Dabei braucht auch Putin – wie alle Guten und Bösen der Menschheitsgeschichte – helfende Hände: Ohne sie bleiben jedes Vorhaben und jeder Befehl wirkungslos. „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin,“ lautet eine friedensbewegte Vision. Damit das nicht passiert, muss seit jeher jeder Angriff richtig „geframt“ werden. Oder „tot geschwiegen“.

Alle diese Mechanismen können wir anhand der Invasion in der Ukraine beobachten. Und doch hat sich etwas verändert: Weltweit sind Aggressoren keine Helden mehr. Tödliches Muskelspiel imponiert nicht mehr, denn Vielfalt statt Einfalt hat den Menschen mehr Lebenschancen gebracht.

Nutznießer davon waren Frauen und Kinder in aller Welt: Patriarchale Bevormundung ist mehr und mehr weiblicher Mit- und Selbstbestimmung gewichen. Daher können Frauen heute – zum Unterschied von vor 100 Jahren – bei männlicher Gewalt ihre Kinder und ihre Koffer packen und gehen.

Sie machen das jetzt auch in der Ukraine. Sie kommen in Länder, in denen sie selbstverständlich Erziehungsberechtigte ihrer Kinder sind, selbstverständlich frei über ihr Vermögen verfügen und ohne Zustimmung von männlichen Verwandten erwerbstätig sein und auch ihren Aufenthaltsort frei bestimmen können.

Zurück bleiben verbitterte Männer– ausgeliefert einer archaischen Machtdemonstration. Opfer sind sie auf beiden Seiten und bedroht sind wir alle, Frauen wie Männer.

Wenn wir als demokratische Gesellschaft solche toxischen Konstellationen jetzt effektiv bekämpfen und für die Zukunft möglichst verhindern wollen, dann müssen wir unsere Verteidigung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreifen und dürfen sie nicht einfach an das Militär delegieren.

Zu stärken ist die soziale Infrastruktur und ihr Mindset, so dass sie den Aufbau autoritärer Strukturen grundsätzlich und schon im Kleinen verhindern können. Bezeichnender Weise sind diese Bereiche in den ausführenden Ebenen noch immer unterbezahlt und „Frauendomänen“, wie Kindergärten, Kranken- und Altenpflege und Armutsfürsorge, oder strukturell heillos überfordert und deshalb ineffizient wie Bildung, Justiz, Exekutive und Landesverteidigung.

Dabei empfiehlt sich für den ersten Schritt das Modell der Schwäbischen Hausfrau, die nicht einfach mehr Geld für etwas ausgibt, sondern zuerst die Effizienz von Ausgaben prüft: Zu stärken sind die Ausführenden, nicht die Veraltungs-Wasserköpfe. Dafür braucht es die Perspektiven der Frauen und die Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse und Arbeitsrealitäten.

Ohne Frauen ist der Kampf für die Demokratie nicht zu gewinnen. Diese Erkenntnis sollte besser heute als morgen in den „Neuen Realismus“ einbezogen werden, viele Beispiele der Weltgeschichte und aktueller Krisenherde weisen überdeutlich darauf hin.   

Sie sind Mahnung und Menetekel am Internationalen Frauentag 2022.     

 

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