Im Zweifel über Frauen – nur ein Männerproblem?

Zweifel und Abwertung der Fähigkeiten und Kompetenzen von Frauen, die sie in Politik und Wirtschaft einbringen können, bestimmen auch im letzten Jahr des zweiten Jahrzehntes des 21. Jahrhunderts Entscheidungen über führende Positionen in Österreich. Einige Spitzenpositionen wurden nur deshalb mit Frauen besetzt, weil männliche Entscheidungsträger ausdrücklich darauf bestanden haben.

Weibliche Führungskräfte sollten sich daran ein Beispiel nehmen und sich nicht von misogynen Bemerkungen beeindrucken lassen. Denn weibliche Kompetenzen werden auch in Entscheidungsgremien dringend gebraucht. Sie können sich allerdings nur entfalten, wenn es nicht bei „einem Papagei unter Pinguinen“ bleibt.

Neues seit 8.3. 2019

Viel hat sich seit dem Internationalen Frauentag 2019 verändert: Österreich hat eine Frau an der Spitze der Bundesregierung und die EU eine designierte Kommissionspräsidentin. In den USA bewerben sich so viele Frauen wie noch nie für die demokratische Präsidentschaftsnominierung und stellen in den „CNN Debates“ hervorragend „ihren Mann“. Auch wenn nicht alle Frauen so lange in Entscheidungspositionen bleiben wie Angela Merkel, gibt es für Frauen fünf Monate nach dem 8. März noch mehr Identifikationsmöglichkeiten für führende Positionen außerhalb von Heim und Herd.  

… und Altbekanntes

Gleichzeitig erfährt der weibliche Teil der Bevölkerung, dass noch immer zwei Drittel der Führungskräfte in Österreich Männer sind, die im Schnitt netto um über 500 Euro im Monat mehr verdienen als Frauen (Sora 2019). Im „Spiegel“ (15.6.2019) kann Frau nachlesen, wie die erfahrene und  einen kooperativen Führungsstil pflegende Valerie Holsboer, die einzige Frau im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, vom Old-Boys-Network gemobbt wird. Die „Welt kompakt“ zitiert am 4.7. 2019 Alesia Braga, Technologie-Chefin der Reservierungsplattform Quandoo, zu aktueller Diskriminierung und Vorurteilen in Digitalunternehmen. Positiv wird berichtet, dass die Zahl der Gründungen von Frauen zuletzt um vier Prozent gestiegen ist. Mehr als ein Drittel gründete allerdings, weil es keine alternative Erwerbsmöglichkeit fand. Was besonderen Mut bedeutet, weil Frauen lt. „Femals Founders Monitor“ weniger Unterstützung von Business-Angels, Risikokapitalgebern und staatlicher Förderung erhalten als Männer.

Über dem Atlantik hören Frauen nach „Lock her up“-Sprechchören von 2016 gegen Hillary Clinton „Send her  back“-Rufe von Menschenmassen gegen vier gewählte demokratische Abgeordnete in Versammlungen des US-amerikanischen Präsidenten. Anscheinend haben Hetzkampagnen gegen Frauen nach wie vor eine besonders erfolgsversprechende Mobilisierungskraft.

Die New York Times wiederum zitiert am 18. Juli 2019 den chinesischen Präsidenten Xi, der die Frauen Chinas dazu aufruft, „die Verantwortung für die Pflege der Alten und Jungen und die Erziehung der Kinder zu schultern“. Dafür erhalten Frauen kaum Unterstützung von Staat, Gesellschaft und Gesetzgebung. Kein Wunder, dass Heirats- und Geburtenrate ebenso sinken wie Chinas Platz im Gender Gap Report des World Economic Forum.

Die Macht der Frauen

Wir sehen weltweit wie die Würde und die Entwicklungsmöglichkeiten von Frauen wieder oder weiterhin verletzt werden. Umso wichtiger ist es, dass Frauen in Entscheidungspositionen darauf bestehen, dass Frauen für die Besetzung von Führungsfunktionen zumindest zur Auswahl stehen – so wie es Ursula von der Leyen für die nationalen Nominierungen der Kommissionsmitglieder gefordert hat.

Dass die erste Bundeskanzlerin Österreichs sich mit der Nennung eines Mannes dafür zufrieden gibt, ist unverständlich. Denn auch Frau Bierleins Nominierung benötigte hartnäckige Unterstützung, ohne die sie heute nicht eine wichtige Identifikationsmöglichkeit für Frauen bieten könnte.