Ohne repräsentative Frauenbeteiligung keine moderne Demokratie

Die Bedeutung von „Volksherrschaft“ wandelte sich im Zeitlauf vielfach: Hinsichtlich der Definition, was unter einem Volk zu verstehen, genauso wie in Bezug auf die Regeln, nach welchen dieses zu regieren sei. Zwei Punkte blieben allerdings von der Antike bis ins 20. Jahrhundert Bedingung für politische Mitbestimmung: Vermögen und Kriegsdienst. Beides war Frauen per Gesetz verboten. Folgerichtig hatten Frauen kein Wahlrecht.

Im revolutionären Frankreich des 18. Jahrhunderts wurde der Wahl-Faktor Vermögen in Frage gestellt und die Idee vom allgemeinen Wahlrecht mit dem Motto „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ massentauglich. Der Forderung von Olympe de Gouges nach politischer Mitbestimmung für Frauen, endete am Schafott.

Frauen mit Grundbesitz hatten immer eher auch ein politisches Mitspracherecht. Als im 19. Jahrhundert dem Geschlecht mehr Bedeutung als dem privilegierten Wahlrecht zugesprochen, d.h. vermögenden Frauen das Wahlrecht entzogen worden war, solidarisierten sich diese mit den Frauen der „niederen Stände“ für ein Frauenwahlrecht.

Trotz dessen Einführung 1918 blieb den verheirateten Österreicherinnen die selbstbestimmte Erwerbstätigkeit  bis 1975 verboten: Der Ehemann konnte ihr Arbeitsverhältnis kraft Gesetz beim Dienstgeber kündigen.

Bis heute wirken die vergangenen gesetzlichen Restriktionen für die Teilhabe von Frauen an der Mitgestaltung von Politik und Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft nach: Frauen führen die Statistik in den Opferzahlen von Armut und Gewalttaten an, aber nicht bei  den Führungsjobs von Regierungen und Unternehmen.  Und das, obwohl Frauen die Chancen für Bildungskarrieren genützt haben und kein ernstzunehmender Naturwissenschaftler mehr widerspricht, wenn eine der führenden Business-Frauen Österreichs, Bettina Glatz-Kremser, feststellt, dass es „keinen Grund [gibt], warum eine Frau nicht gleichermaßen eine erfolgreiche Karriere haben und eine hervorragende Mutter sein kann“. Das wurde vor 100 Jahren noch ganz anders gesehen.

Gesetze und gesellschaftliche Strukturen bedingen einander und sie wirken logischer Weise auf die individuelle Lebensgestaltung. Diese wiederum findet ihren Niederschlag in Statistiken. Darin sehen wir auch im 21. Jahrhundert eine signifikante Unterrepräsentation von Frauen in der Politik.

Zum Unterschied vom 19. Jahrhundert hat sich mittlerweile die Vorstellung von Demokratie als einer Regierungsform mit möglichst hoher Repräsentativität aller Teile der Bevölkerung durchgesetzt. So ist es nur folgerichtig, Maßnahmen zu beschließen, die den Anteil der Hälfte der Bevölkerung in politischen Gremien auf eben diese 50% fördern.

Wir können dies als einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einer besseren Vertretung des Volkes in den Regierungen sehen. Wir können auch über Vor- und Nachteile der Maßnahmen diskutieren. Diese ohne nähere Begründungen als „Abschaffung der Demokratie“, „Unfug“, „am offenen Herz der Demokratie herumgepfuscht“ und „völlig absurden Weg“ zu bezeichnen wie Christian Ortner das tut, eröffnet nicht moderne Entwicklungsmöglichkeiten, sondern führt zurück in eine überwunden geglaubte Vergangenheit.